Katholische Priester bleiben unverheiratet – das Dogma bleibt auch 2016. Jahrhundertelang hat sie das bei der Haushaltsführung vor ungeahnte Schwierigkeiten gestellt, weshalb sich das Berufsbild der Pfarrhaushälterin entwickelt hat.
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Duderstadt. Jahrhundertelang hat sie das bei der Haushaltsführung vor ungeahnte Schwierigkeiten gestellt, weshalb sich das Berufsbild der Pfarrhaushälterin entwickelt hat. Sie werden aber immer weniger. Das war eines der Themen bei der Jahrestagung des Bundesverbands der Berufsgemeinschaft in Duderstadt gezeigt hat.
Duderstadt. Seit 800 Jahren gibt es Pfarrhaushälterinnen. Sie leben mit Priestern im Pfarrhaus, kümmern sich um den Haushalt und vieles mehr. Was das bedeutet, schildern zwei von ihnen.
„Ich hasse es, Oberhemden zu bügeln, aber ich liebe meinen Job“
Petra Leigers fallen sofort prominente Beispiele für Pfarrhaushälterinnen ein: Josephine Lehnert, die mehr als 40 Jahre für den späteren Papst Pius XII. tätig war. Oder Ingrid Stamper, eine Musikprofessorin, die in den Dienst Benedikt des XVI. trat – „und immer noch Teile seiner Bücher übersetzt“, wie Leigers, Vorsitzende der Berufsgemeinschaft der Pfarrhaushälterinen, berichtet.
Dabei sollten Pfarrhaushälterinnen eigentlich Priestern im Alltag beistehen: Sie kochen, halten den Garten des Pfarrhauses in Ordnung und übernehmen andere hauswirtschaftliche Tätigkeiten. Leigers hingegen geht es um mehr. „Ich hasse es, Oberhemden zu bügeln, aber ich liebe meinen Job“, fasst Leigers ihre Einstellung zusammen.Denn sie und ihre Kollegin Theresia Lütke aus der Diözese Hildesheim reizt vor allem die Vielfalt ihres Berufes: „Gerade wenn man in ein aktives Pfarrhaus kommt, passiert so viel“, erzählt Lütke.
Gefühle entwickeln? – „Das endet in einer Katastrophe“
Sie meint damit den Umgang mit Ehren- und Hauptamtlichen, die Seelsorge und die „Sorgen, Nöten und Begeisterung der Menschen“, die sie dort erlebe. Sie selber lebt seit 32 Jahren mit einem Priester im Pfarrhaus, bei Leigers sind es rund 20. Gerüchten, denen zufolge sich in dieser Wohnform immer wieder -dem Zölibat des Priesters widersprechende – Gefühle entwickeln, erteilen sie eine Absage: „Das endet in einer Katastrophe“, sagt Leigers und spricht lieber vom Leben in einer Wohngemeinschaft. Bei der Anrede hingegen scheiden sich die Geister: Leigers ist mit ihrem Chef per-Du, Lütke siezt ihren trotz der langen gemeinsamen Zeit immer noch. „Das drückt Respekt aus“, findet sie.
Zentral ist für beide trotzdem der Glauben: „Spiritualität ist Teil unseres Lebens, sagt Leigers. Und für Lütke, eigentlich gelernte Einzelhandelskauffrau, war bei einer beruflichen Neuorientierung klar, „dass Gottesdienst und Gebet im täglichen Arbeitsprozess normal sein sollten“. hö
„Aus der Not heraus“
Dass es heute die Berufsgemeinschaft der Pfarrhaushälterinnen gibt, zeugt auch von der Durchsetzungskraft der Laien in der katholischen Kirche. Dass sich die gesellschaftlichen Bedingungen ändern, können sie aber nicht ändern. Zölibatär lebende Pfarrer scheinen schon vor 800 Jahren auf weibliche Unterstützung angewiesen zu sein. Damals blieben sie „im Schoß der Familie“, wie Petra Leigers, Bundesvorsitzende der Berufsgemeinschaft der Pfarrhaushälterinnen, sagt – die Rolle der Haushälterin übernahmen Schwestern, Tanten und Mütter.
Als diese im 20. Jahrhundert zunehmend eigene Wege gingen, traten gläubige Katholikinnen an ihre Stelle: Viele von ihnen seien gelernte Hauswirtschafterinnen, waren aber wie wie die Pfarrhaushälterin Theresia Lütke „vom Religiösen fasziniert“.
„Aus der Not heraus“ haben sich ihr zufolge seinerzeit die ersten Berufsverbände gegründet, 1932 der in der Diözese Hildesheim. Denn Pfarrhaushälterinnen waren zuvor „absolut nicht abgesichert“, erzählt sie. Als Privatangestellte des Priesters waren die Diözesen für ihre Besoldung zuständig – mit großen regionalen Unterschieden.
Das Erstarken der Laienbewegungen nach dem zweiten Vatikanischen Konzil in den 1960er Jahren verlieh den Haushälterinnen Auftrieb: Der Bundesverband der Berufsgemeinschaft wurde gegründet, schon zuvor hatten sich Pfarrhaushälterinnen über Jahre hinweg zusammengeschlossen „und in Bayern sogar Tarifverträge erkämpft“, erzählt Leigers nicht ohne Stolz.
Heute kämpfe der Berufsstand aber mit „massiven Nachwuchsproblemen“, berichtet Leigers. Während die Berufsgemeinschaft bei ihrer Gründung noch rund 20 000 Mitglieder zählte, sind es ihr zufolge heute nur noch rund 5000, der Großteil davon sei aber schon im Ruhestand. Leigers glaubt, dass liege an der Bezahlung, die „nicht bestens“ sei. Zugleich seien heutige Priester „Männer unserer Zeit“ – also selbstständiger als früher. „Sie können sogar in der Küche ganz gut umgehen“, findet Leigers.
„Die Frau für alle Fälle“
Seit 32 Jahren lebt der Fuhrbacher Pfarrer Werner Holst mit Pfarrhaushälterin Theresia Lütke zusammen. Für ihn ist sie mehr als nur „fleissig und geschickt was den Haushalt anbelangt“. „Es ist ein Glück durch Gottes Fügung, dass mir so eine Frau zur Seite steht“, sagt Holst, mittlerweile Subsidiarpfarrer. Lütke hat ihn durch verschiedene Etappen seines Werdegangs begleitet, war auch während seiner Zeit als viel-reisender Personalreferent immer im Pfarrhaus – „Ich kam nach Hause, alles war hergerichtet, das war schön“, erzählt Holst.
Weil sie aber gleichzeitig immer in der Gemeinde tätig war, nennt Holst Lütke „die Frau für alle Fälle“. Denn sie sei im Vorfeld der Seelsorge aktiv, helfe, berate und ermutige die Gemeindemitglieder und engagiere sich selber ehrenamtlich. Besonders wichtig ist ihm aber, dass sie für eine „Willkommenskultur im Pfarrhaus“ gesorgt hat: „So ist hier ein Bißchen vernünftiges Leben reingekommen.
Quelle: Göttinger Tageblatt